Überschreitung der Watzmannfrau mit den Kletter-Oldies

Der Altweibersommer neigt sich dem Ende zu, die Bäume in den Bergen färben sich bereits rotgelb und die Hütten und Almen bereiten sich auf den Winterschlaf vor. Bevor Schnee anspruchsvollere Touren an den höheren Bergen der Bayerischen Alpen beeinträchtigt, rücken vier Burghauser Kletter-Oldies am 11. Oktober nochmal zu einer alpinen Klettertour aus – zur Überschreitung der Watzmannfrau. Die gewählte Route im Aufstieg über den Südwestgrat ist alpin abgesichert und an der schwierigsten Stelle mit IV+ bewertet. Der Abstieg soll über den Ostgrat zum Mooslahnerkopf erfolgen.
Um vier Uhr läutet der Wecker, denn Wolfgang holt mich um 4:40 ab. Im Schein der Stirnlampen werden Mountainbikes und Gepäck am Parkplatz Hammerstiel hergerichtet und um 6:15 strampeln wir los in den anbrechenden Tag Richtung Kührointalmen. Die drei Kameraden ziehen den Oldie-Joker, spricht das eBike, ich darf noch ohne Unterstützung die Tretkurbeln drücken. An den Schappachalmen kann ich beim einsamen Hochtreten beobachten, wie die Sonne soeben beginnt, über dem Watzmannkar die Spitzen der Gipfel gelborange einzufärben. Es dauert dann doch bis ins obere Watzmannkar, bis ich zur eBike-Fraktion kurz vorm Anstieg zum 1. Watzmannkind und der Watzmannscharte aufschließe. Dort steigt ein erhabenes Glücksgefühl in uns auf – wir stehen erstmalig heute in der wärmenden Sonne und haben einen großartigen Blick tief hinter zum Königsee mit St. Bartholomä sowie hinüber zu unserem Kletterziel, dem Südwestgrat auf die Watzmannfrau.
Den Gratbeginn meistern wir noch ungesichert. Nachdem sich die Kletterstellen zum oberen 2. und 3. Grad steigern und der erste Haken auftaucht, legen wir die Kletterausrüstung an und bilden zwei Seilschaften. Genussvoll klettern wir in der Sonne, das eine oder andere Köpfl zum Zwischensichern mit Bandschlingen nutzend. Dabei bleibt ausreichend Zeit, die herrliche Gebirgsumgebung zu bewundern. Der Blick schweift über das Watzmannkar und die Watzmankinder zu den Ostabstürzen des Watzmanns, zum Watzmannhaus, der Schlafenden Hexe und zum Untersberg. Tief unten sehen wir die Schiffe lautlos durch den Königsee gleiten. Gegen Mittag erreichen wir den Gipfel.
Nach einer ausgiebigen Gipfelrast nehmen wir den Abstieg über den Ostgrat zum Mooslahnerkopf in Angriff. Dies stellt sich als mühsames Unterfangen heraus. Zuletzt geht es sogar noch mehrmals aufwärts, um einige Grattürme vorm Mooslahner zu überwinden. Dessen nordseitiger Abstieg ist feucht und etwas schmierig. Noch rechtzeitig erreichen wir die Kührointalm, um das Bier in der Nachmittagssonne genießen zu können. Die Abfahrt zum Auto ist dann das i-Tüpfelchen einer wieder mal famosen Kletter-Oldie-Tour.

Text: Stefan Oberneder
Bilder: Hans Gradischnig, Wolfgang Ermer, Stefan Oberneder